Altersbestimmung des Befalls durch Holz zerstörende Pilze

Einleitung

Die Altersbestimmung von Holz zerstörenden Pilzen anhand des Pilzgeflechtes ist nicht möglich. Genauso schwierig wird die Altersbestimmung über die Ausbreitung der Pilze auf dem Holz. Es gibt aber einige Kriterien, die eine Altersbestimmung in einem gewissen Rahmen zulassen. Gerade im Versicherungswesen ist diese Frage wichtig, wenn es darum geht, bei einer Folgeversicherung einen Pilzschaden im oder am Holz zeitlich zuzuordnen.

Lebensgewohnheiten der Pilze

Holz zerstörende Pilze haben die Aufgabe, den Rohstoff Holz zu Humus zu verwandeln, um ihn dem natürlichen Kreislauf wieder zuzuführen. Da dieses „alte Holz“ in unterschiedlichen Konstellationen vorkommt, haben sich auch unterschiedliche Zerstörer entwickelt, die das Holz je nach Feuchtegehalt zersetzen können. Dabei haben sich verschiedene Formen der Zerstörung herausgebildet.
Zerstören die Pilze die Zellulose, dann bleibt Lignin übrig. Das Holz sieht dann braun aus. Es wird Braunfäule genannt. Zerstören die Pilze die Ligninstoffe, dann bleibt die helle Zellulose übrig und das wird Weißfäule genannt. Im Freien gibt es auch noch Holzzerstörer, die zuerst das Lignin zerstören und dann die Zellulose abbauen. Das wird Weißlochfäule genannt. Weißfäuleerreger, wie z. B. der Ausgebreitete Hausporling oder auch die Sternsetenpilze, benötigen sehr viel Wasser im Holz. Das Wachstum dieser Pilze recht schnell, wobei aufgrund der persönlichen Erfahrung des Verfassers bei einer starken Durchfeuchtung um 80 % der Pilz durchaus in der Lage ist, 1-2 cm Befallstiefe innerhalb eines Jahres hervorzurufen. Das bezieht sich auf Deckenbalken aus Fichtenholz mit Schüttung, wo das Wasser langfristig gespeichert wird.
Die andere Zerstörungsform, wenn Lignin übrig bleibt, ist in aller Regel etwas langsamer als die Weißfäule. Hier sind aber vielfältige Zerstörungsarten möglich. Diese Pilze (Braunfäuleerreger) benötigen unterschiedlich viel Wasser. Die geringsten Feuchteansprüche an das Holz stellt der Hausschwamm. Er ist deshalb bei einem reinen Leitungswasserschaden sehr selten. Meist tritt er nur dann auf, wenn nicht getrocknet wird und im Abtrocknungszustand der Konstruktion sich eine Holzfeuchte einstellt, die für die Hausschwammsporen zum Keimen geeignet ist (ungefähr 45 % relative Holzfeuchte)
Alle Pilze werden über Sporen ausgebreitet. Sie verteilen sich durch Wind und sind somit auf allen Holzoberflächen zu finden. Grundsätzlich wird somit jedes Holz mit den entsprechenden Zerstörern eingebaut. Dabei ist es unerheblich, ob dieses Holz imprägniert ist. Ein vorbeugender chemischer Holzschutz (Gebrauchsklasse 2) kann bei einer Feuchtigkeitseinwirkung auf dem Holz, wie z. B. bei einem Leitungswasserschaden (Gebrauchsklasse 4 oder 3), nur kurzfristig das Keimen von Pilzen verhindern. Wird ein für die Gebrauchsklasse 2 imprägniertes Holz länger befeuchtet, werden die pilzwidrigen Stoffe ausgewaschen oder soweit verdünnt, dass wieder ein Keimen der Sporen möglich ist. Sind Sporen gekeimt, dann haben sie die Möglichkeit, selbst bei imprägnierten Holzoberflächen über Risse in das Holz einzudringen, wenn genügend Feuchtigkeit vorhanden ist.
Alle Pilze werden durch Zugluft abgetötet. Demnach ist das Pilzwachstum immer dort zu finden, wo keine Zugluft herrscht. DA die Sporen aber mit Zugluft verbreitet werden, sind an solchen Stellen dann die Fruchtkörper zu finden. Streng genommen bedeutet das aber, dass das Ausbilden eines Fruchtkörpers von Holz zerstörenden Pilzen nicht gleichzusetzen ist mit dem Zerstörungsort der Pilze.
Den Pilzen wird je nach Art eine unterschiedliche Trockenstarre nachgewiesen. In der Trockenstarre stellen sie ihr Wachstum ein, sind aber noch aktiv. Tritt dann Wasser wieder zu, können sie ungehindert wachsen.
Diese Trockenstarre ist je nach Pilzart sehr unterschiedlich. Der Ausgebreitete Hausporling hat eine Trockenstarre von mehreren Jahren, ebenso der Kellerschwamm. Der Hausschwamm, der als größter Schädling im Haus beschrieben wird, hat keine lange Trockenstarre. Er hat dafür aber die unangenehme Eigenschaft, wenn er langsam austrocknet, sogenannte Arthrosporen zu bilden, die eine sehr hohe Keimfähigkeit haben. Diese Arthrosporen werden nicht an Fruchtformen des Pilzes gebildet, sondern aus dem Stranggebilde heraus entwickelt. Das bedeutet bei einem abgestorbenen Hausschwammbefall bei Wiederbefeuchtung ein höheres Keimungsrisko.
Pilzgeflechte, besonders Fruchtkörper dienen in der Natur verschiedenen Insekten als Nahrung. Das eiweißreiche Geflecht wird abgebaut. So sind z. B. um die Fruchtkörper herum immer sehr große Insektenansammlungen festzustellen. Bei Hausschwamm kann es passieren, dass die Fruchtkörper nach der Sporenbildung von Insekten komplett vertilgt werden.
Häufig wird die Gefahr der Sporen wesentlich überschätzt. Dazu ein einfaches Beispiel aus der Praxis. Für die Arterhaltung benötigt der Mensch selten mehr als ein Nachkomme. Wenn der Frosch sich vermehrt, dann braucht er schon etwa 500 Kaulquappen pro Gelege, damit die Art erhalten wird. Jetzt beantwortet sich die Frage von selbst, warum der Hausschwamm mit einem Fruchtkörper Milliarden von Sporen produziert. Es kommt hier nicht auf die Masse der Sporen an, sondern auf die Keimungsbedingungen, damit ein Pilz wachsen kann. Dazu sind letztendlich nur zwei Sporen erforderlich.
Pilze zerstören das Holz durch ihr Geflecht, genauer durch die Hyphen. Bei braufaulem Holz ohne diese Geflechte liegt kein aktiver Befall mehr vor. Zudem sind die meisten Pilze in der Lage, an den Stellen, wo sie das Holz bereits vollständig zerstört haben, das Pilzgeflecht abzubauen. Damit befindet sich ein lebender Pilzbefall grundsätzlich immer an den äußeren Ausbreitungsrändern der Population.

Zeitliche Zuordnung von Pilzwachstum

Aus diesen Eigenschaften, kombiniert mit der Art und Menge der Durchfeuchtung vor Ort, sind schon einige Rückschlüsse auf das Alter des Pilzbefalls möglich. Das soll hier an ein paar Beispielen aufgezeigt werden.
Wenn vor fünf Jahren ein Leitungswasserschaden war und jetzt wieder ein Schaden aufgetreten ist, der nicht älter als vier Wochen ist, dann kann am Holz noch keine gravierende Zerstörung durch Holz zerstörende Pilze aufgetreten sein. Wird beim Öffnen der Konstruktion Holz vorgefunden, das braunfaul ist, keine Pilzgeflechte zeigt und richtig feucht ist, dann handelt es sich mit absoluter Sicherheit um einen Schaden aus der früheren Durchfeuchtung, die Nässe stammt von der jetzt aufgetretenen Durchfeuchtung. Die Ursache für den früheren Befall wird sein, dass bei der damaligen Durchfeuchtung nicht ausreichend oder auch überhaupt nicht getrocknet wurde.
Ist in einer Holzbalkendecke unterhalb eines Badezimmers Wasser aus der Decke getropft, dann liegt innerhalb der Decke eine sehr starke Durchfeuchtung vor. Wie alt ist dieser Schaden? Jetzt kommt es auf den Deckenaufbau an. Ist dort eine Lehmschüttung, so ist diese in der Lage, ähnlich wie eine Schlackeschüttung, ziemlich viel Wasser zu speichern. Eine Sand- oder Bauschutt-Schüttung lässt Wasser schnell durchlaufen.
Ist am Holz nur ein geringer Pilzschaden zu sehen, z. B. eine ganz oberflächlich gewachsene Weißfäule, dann ist dieser Wasserschaden nicht alt. Dann muss aus dem Bad innerhalb weniger Wochen so viel Wasser ausgetreten sein, dass die Decke gesättigt wurde. Das Austreten unterhalb der Decke ist in solchen Fällen dann nicht identisch mit dem Beginn des Schadensereignisses.
Ist bei diesem Beispiel aber Braunfäule vorhanden und ein mäßig ausgebreitetes meist schwarzes Pilzgeflecht zu sehen, dann liegt hier eine längerfristige Durchfeuchtung vor, die nach und nach so viel Wasser produziert hat, dass das „Fassungsvermögen“ der Decke erst langfristig überschritten wurde bei einer Lehm- oder Schlackeschüttung. Das wäre z. B. bei einem Sickerschaden der Fall, also einem Wasseraustritt, der mehr tropfenartig oder nur periodisch (z. B. beim Abfluss) auftritt. Hier wird es schwierig mit einer einigermaßen präzisen Altersangabe, meist sind solche Schadensbilder dann aber älter als ein Jahr.
Bilden sich z. B. Hausschwammfruchtkörper etwa 2 Jahre oder 3 Jahre nach einem Leitungswasserschaden, dann ist in den meisten Fällen die Art der Trocknung entscheidend, ob ein Zusammenhang mit dem Leitungswasserschaden besteht. Die meisten Trocknungsfirmen überprüfen nach der Trocknung nur die Deckenflächen, nicht die Wandauflager. Dort ist das Wasser aber wesentlich schwieriger zu entfernen. Verbleiben dort geringe Mengen Wasser, dann sind die Lebensbedingungen für den Hausschwamm gegeben. Er kommt zum Keimen mit der geringsten Feuchtigkeit auf der Holzoberfläche aus. In diesem Zusammenhang kann in den meisten Fällen eine direkte Verbindung zum Leitungswasserschaden hergestellt werden.
Wird beim Öffnen eines Leitungswasserschadens, der durch den Bruch einer Wasserleitung entstanden ist, braunfaules Holz vorgefunden, dann stammt dies mit Sicherheit nicht vom Leitungswasserschaden. Holz zerstörende Pilze benötigen mehrere Wochen, bis sie die erste Braunfärbung auf der Holzoberfläche hinterlassen. Pilze wie der Hausschwamm z. B. zeigen erst bei längerfristigem Wachstum von mehreren Monaten, häufig Jahren, eine intensive Braunfärbung. Pilze wie der Kellerschwamm sind hier deutlich schneller. Trotzdem sind immer noch Wochen eines ungehinderten Wachstums notwendig, um die erste Braunfäule zu erzeugen.
Aussagekräftig sind häufig auch Fruchtkörper. Gerade der Eichenporling (Ausgebreiteter Hausporling) bildet mehrere Fruchtkörper übereinander, wenn an der gleichen Stelle mehrere Durchfeuchtungen aufgetreten sind. Wird also beim Fruchtkörperaufbau festgestellt, dass er aus drei oder vier Schichten besteht, dann müssen auch drei oder vier Schadensereignisse eingetreten sein. Der Eichenporling benötigt sehr hohe Feuchten, stellt aber sein Wachstum aber bei niedrigeren Feuchten ein.
Feuchtigkeitsursachen für ein Weiterwachsen können auch Taupunkte, Kondensatbildung oder ähnliche Ursachen sein. Damit muss bei mehrschichtigen Fruchtkörpern auch das Umfeld berücksichtigt werden.

Hinweise zur Sanierung

Die Sanierung von Holz zerstörenden Pilzen, hier ganz speziell vom Echten Hausschwamm, ist als lukratives Geschäft anzusehen. Aus Unwissenheit oder mit der Unwissenheit der betroffenen werden häufig Sanierungsverfahren angewendet, die weit überzogen sind.
Grundsätzlich ist das Trocknen bei Pilzbefall der wichtigste Sanierungsschritt. Je schneller, desto besser ist es. Nicht nur die Geschwindigkeit, auch die Art der Trocknung spielt eine große Rolle. Trittschalldämmungen, Einschübe, Weichfaserplatten etc. lassen sich mit Kondenstrocknern nur sehr langsam trocknen. Adsorptionstrockner sind auch keine Wunderwaffen gegen jede Feuchtigkeit, es gibt auch Infrarot-Trockner, Mikrowellen und die konvektive Trocknung, wobei das letzte Verfahren gerade in der Altbausanierung Einzug hält und von dem in den nächsten Jahren noch sehr viel zuhören sein wird. In dicken Ziegelsteinwänden kann es eine zuverlässige Methode der Hausschwammsanierung werden.
Ist bei einem Deckenbalken nur die Oberfläche befallen, dann ist es nach DIN 68 800 Teil 4 und dem dazugehörigen Kommentar nicht erforderlich, den ganzen Balken auszubauen. Wenn das Holz getrocknet ist, fehlt dem Pilz die Nahrungsgrundlage. Wird das Holz z. B. mit einem Borpräparat gestrichen, dann ist der Pilzbefall an der Oberfläche gestoppt und neue Sporen können auf dieser Oberfläche nicht keimen (Ausnahme: sehr lange fließendes Wasser, was den Wirkstoff ausspült). Dann ist es ausreichend, wenn der Balken seitlich verstärkt wird. Der Vorteil dieser Methode ist, dass die Deckenuntersicht gehalten werden kann und Folgekosten, wie z. B. die Räumung der Wohnung unter der Decke, nicht entstehen.
Liegt eine etwas tiefere Zerstörung vor, dann kann das Holz auch abgebeilt werden. In aller Regel ist auch das wesentlich kostengünstiger als die komplette Decke zu öffnen und damit die untere Wohnung räumen zu müssen.
Sind die Wandauflager zerstört und müssen die Balken angelascht werden, dann genügt in aller Regel auch hier das Abschneiden des Holzes direkt an der Außenwand. Der alte Balken hat keinen Kontakt mehr zur Außenwand und wird bei einer Durchfeuchtung auch von dort kein Wasser mehr beziehen können. Die neuen Balken werden seitlich angelascht und in der Wand neu aufgelegt.
Zu prüfen ist hier in diesem Fall, ob die Deckenuntersicht noch soweit erhalten ist, dass ein Austausch nicht notwendig ist. Bei klassischen Holzbalkendecken, also Spalierputz oder Deckenschalung, lässt sich diese Prüfung von oben durchführen. Schwierig wird der Erhalt von Decken, wenn es sich um alte Einschübe handelt, z. B. Lehmwickel. Aber auch eine klassische Einschubdecke mit Schüttung lässt sich in dieser Form erhalten, wenn nur von oben gearbeitet wird.
Häufig wird Bezug genommen auf die DIN 68 800 Teil 4. Sie ist kein Gesetz. Sie ist in keinem Bundesland bauaufsichtlich eingeführt. Es ist auch vorerst nicht zu erwarten, dass die zurzeit in Bearbeitung befindliche DIN 68 800 Teil 4 bauaufsichtlich zugelassen wird.
Wird ein Unternehmer beauftragt, einen Pilzschaden zu reparieren, dann gilt das Werksvertragsrecht. Danach schuldet der Unternehmer den Erfolg. Dabei ist es unerheblich, wie er den Erfolg erbringt.
Aus diesem Grund ist es möglich, auch bei Leitungswasserschäden hinsichtlich der Haftung des Unternehmers auch solche angepassten Sanierungen durchzuführen, bei denen möglichst viel erhalten wird. Wird zudem ein Sachverständiger eingeschaltet, der in seiner Beurteilung die entsprechenden Rahmenbedingungen festlegt, gibt es keinen Grund für einen Unternehmer, in vollem Umfang die DIN 68 800 Teil 4 zu befolgen.
Wichtig bei den ganzen Sanierungsverfahren ist, dass alle durchfeuchteten Baustoffe getrocknet werden, die Trocknung ist das Wesentliche einer Pilzsanierung.

Schlussbemerkung

Diese Zusammenstellung erhebt nicht den Anspruch einer vollständigen Darstellung aller Fälle. Sie soll nur zeigen, dass es häufig möglich ist, anhand von Rahmenbedingungen das Alter eines Pilzbefalls zuzuordnen und dass es nicht erforderlich ist, jedem Pilzbefall mit einer Totalsanierung zu begegnen. Der Sanierungsumfang ist abhängig von dem Schädigungsgrad des Holzes und hier können häufig schonende Sanierungen eingesetzt werden, um Folgekosten zu vermeiden.

Joachim Wießner
Heinrich-Heine-Straße 6
49688 Lastrup
04472/94840

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