Echter Hausschwamm, serpula lacrimans
Unter den Holz zerstörenden Pilzen nimmt der Echte Hausschwamm eine Sonderstellung ein. Das liegt in erster Linie an seiner Eigenschaft, verdeckt zu wachsen und die zum Leben benötigte Feuchtigkeit aus anderen Bauteilen auf trockenes Holz abzuleiten.Allerdings setzt der Echte Hausschwamm beim Abbau des Holzes aus 1 kg Holz bis zu 600 g Wasser frei.
Die große Gefährlichkeit des Hausschwammes liegt neben dem bereits oben genannten wichtigen Kriterium auch vor allem darin, dass er zu seiner Entstehung und Ausbreitung niedrigere Holzfeuchtigkeiten als andere Gebäudepilze benötigt. Weiterhin kann er sich aufgrund seines hochentwickelten Oberflächenmyzels bzw. Strangmyzels sehr schnell weit ausbreiten. Dabei werden über den Nährboden hinaus holzfreie Stoffe aller Art überwuchert und selbst Mauerwerk durchwachsen. In der Praxis wird er gern als Mauerschwamm bezeichnet.
Neben dem Echten Hausschwamm gibt es verschiedene andere Hausschwammarten, die gelegentlich in Gebäuden auftreten. Man kann davon ausgehen, dass diese verwandten Pilzarten die gleiche Zerstörungskraft wie der Echte Hausschwamm aufweisen, müssen aber nicht in dem Mauerwerk bekämpft werden.
Der Hausschwamm lebt allein von Holz, Holzprodukten und ähnlichen organischen Substanzen und vermag somit das Mauerwerk nicht direkt anzugreifen und zu schädigen. Dennoch muss bei Vorhandensein des Hausschwammes in einem Gebäude neben dem Holz auch angrenzendes Mauerwerk großflächig untersucht werden. Er kann sich aber ohne den karbonatisierten Kalk in der Wand nicht sehr weit ausbreiten.
Den karbonatisierten Kalk in der Wand benötigt der Hausschwamm, um die von ihm bei der Weiterzersetzung des Holzes erzeugte Oxalsäure chemisch zu neutralisieren. Würde er die Oxalsäure im Holz belassen, dann würde das Holz immer stärker angesäuert werden. Bis zu einem gewissen Punkt kann der Hausschwamm dieses angesäuerte Holz noch zersetzen. Wird dieser Punkt überschritten, dann ist das Holz für den Echten Hausschwamm konserviert. Aus diesem Grund leitet er in seinem Stranggeflecht die Oxalsäure in die Wand und entsorgt über die chemische Reaktion die Oxalsäure mit dem Kalk.
Die Fruchtkörper des Echten Hausschwammes sind leicht vom Holz abzuheben. Sie sind zäh und riechen angenehm fruchtig. Meistens sind sie fladenförmig ausgebildet. Daneben treten insbesondere aus Spalten und Mauerritzen polsterförmige und an senkrechten Wänden häufig konsolenförmige Gebilde auf, meist mit einem weißen Zuwachsrand und einer braunen, gekrösearteigen Struktur in der Mitte des Fruchtkörpers.
Die faltige Struktur in der Mitte des Fruchtkörpers kann, je nach Umweltbedingungen, orangerote, gelb bis rotbraune oder auch rostfarbene Fruchtschichten bilden. In dieser Fruchtschicht werden die Sporen, die Samen des Pilzes, erzeugt. Diese Sporen haben häufig keinen Zellkern und können daher nicht keimen.
Wenn in einem Gebäude Fruchtkörper vorhanden sind, ist die Gefahr eines erneuten Befalles größer. Der Hausschwamm keimt auf dem Holz bei einer Feuchtigkeit von ungefähr 40 %. Stehende Luft und hohe Luftfeuchtigkeit begünstigen des Wachstum und die Keimung. Meist wächst der Hausschwamm im Verborgenen, man sieht nur seinen Befall an den entstehenden Fruchtkörpern oder an der Zerstörung des Holzes.
Ob ein Gebäude befallen ist, lässt sich an verschiedenen Parametern eingrenzen. Wie bereits weiter oben erwähnt, benötigt der Hausschwamm für sein Wachstum eine Holzfeuchte um 40 %. Wenn zusätzlich dieses befeuchtete Holz dunkel lagert oder eingebaut ist, keiner Zugluft ausgesetzt ist und dann noch eine normale Wohnraumtemperatur aufweist, so ist sicher, dass die Sporen des Hausschwammes dort keimen. Sind großflächig solche Bedingungen gegeben, so kann er durchaus an mehreren Stellen gleichzeitig keimen. Aus diesem Grund ist es auch sehr schwierig, eine Altersbestimmung allein über die Ausbreitung des Hausschwammes vorzunehmen.
Um langfristig ein großes Wachstum ausbilden zu können, benötigt der Hausschwamm einen Feuchtigkeitsspender. Dies sind in aller Regel feuchte Wände, wo der Hausschwamm mit seinem Stranggeflecht das Wasser ableiten kann. Wie bereits weiter oben erwähnt, benötigt er auch karbonatisierten Kalk in der Wand, um seine Abbauprodukte des Holzes entsorgen zu können.
Wie alle anderen Pilze auch stirbt der Hausschwamm ab, wenn keine Feuchtigkeit mehr vorhanden ist. Direkt nach dem Feuchtigkeitsentzug fällt der Hausschwamm in eine Trockenstarre. Diese Trockenstarre dauert nicht sehr lange. Durch eigene Versuche über mehrere Jahre konnte festgestellt werden, dass die Trockenstarre zwischen 1 und 2 Jahren liegt. Das hat Frau Dr. Theden im Jahr 1972 veröffentlicht (siehe Literatur Dr. Huckfeldt). Allerdings sollte die kurze Dauer der Trockenstarre nicht überbewertet werden (hängt vom jeweiligen Gebäude ab, wo der Hausschwamm aufgetreten ist).
Da der Hausschwamm nicht in der Lage ist, die Luftfeuchte zu kondensieren, sondern nur Wasser aus feuchteren Bereichen zu trockneren Bereichen transportieren kann, ist also die Grundforderung der Hausschwammbekämpfung die Feuchtereduzierung in den mineralischen Bauteilen. Zu berücksichtigen ist aber, dass beim Abbau von 1 kg Holz der Hausschwamm ca. 600 g Wasser freisetzen kann. Somit ist ab einem gewissen Wachstum in schlecht belüfteten Räumen eine große Ausbreitung ohne zusätzlichen Wasserspender möglich.
Aus der Sicht des Verfassers ist der Hausschwamm sehr empfindlich gegenüber Umweltveränderungen. Bei geringsten Veränderungen reagiert der Hausschwamm und bildet Hemmfarben aus. Diese Farben werden durch die Störung des Stoffwechsels hervorgerufen. Es gibt in der Literatur unterschiedliche Angaben zu diesen Farben, sie reichen von violett über orange bis rot.
Wird der Hausschwamm der Zugluft ausgesetzt, so stellt er sofort sein Wachstum ein. Ist er in einem breiten watteartigen Myzel gewachsen, fällt dieses Myzel sofort zusammen und bildet dünne Häute. Häufig sind hier diese Hemmfarben zu sehen.
Beim Strangwachstum kann es sogar vorkommen, dass sich das Myzel auf dem Holz zurückbildet und nur noch vereinzelt vorzufinden ist. Durch eigene Beobachtungen vor Ort konnte erkannt werden, dass diese Rückbildung sehr schnell vonstatten geht und innerhalb von weniger Wochen vollzogen ist.
Wenn der Hausschwamm das Holz weitestgehend zerstört hat, dann stirbt er in diesem Bereich ab. Er hat an diesem Holz seine Aufgabe erfüllt. Lebensfähiges Geflecht ist immer nur an den äußeren Rändern der Ausbreitung des Hausschwammes zu finden. Das ist wichtig im Hinblick auf die Probenahme, um zu prüfen, ob der Hausschwamm noch lebensfähig ist.
Die moderne Analytik bietet eine DNA – Analyse für einen Hausschwammbefall an. Mit dieser Analyse werden aber auch Hausschwammsporen erkannt. Da die Sporen des Hausschwammes praktisch überall verbreitet sind, ist aus der Sicht des Verfassers diese Analyse wenig aussagend, wenn sie nur alleine betrachtet wird.
Die Sporen des Hausschwammes werden über die Luft verbreitet. Deswegen sind die Fruchtkörper an gut durchlüfteten Stellen zu finden. Über die Luftbewegungen werden die Sporen weiter transportiert. Selbst bei imprägniertem Holz sind an der Oberfläche Hausschwammsporen vorhanden, die letztendlich nur darauf warten, dass geeignete Bedingungen entstehen, damit sie wachsen können.
Bei großen Wandquerschnitten ist beim Hausschwamm ein kaum bekanntes Phänomen festzustellen. Es bilden sich Angstfruchtkörper, die praktisch kaum einen weißen Zuwachsrand besitzen und sehr stark sporenbildend sind.
Die Beobachtungen zeigen häufig bei großen Wandquerschnitten und höheren Feuchten das Ausbilden dieser Notfruchtkörper innerhalb weniger Wochen nach der Bohrlochimprägnierung. Wenn die Fruchtkörper beseitigt sind, wächst an dieser Stelle kein Hausschwammfruchtkörper mehr nach. Aus der Sicht des Verfassers ist dies kein Mangel, sondern eine Eigenschaft, die auf die hohe Feuchte in der Wand zurückzuführen ist. Daher fordert die DIN 68 800 Teil 4 nach der Imprägnierung eine unverzügliche Trocknung des Mauerwerks.
Eine Altersbestimmung ist anhand des Schwammgeflechtes nicht möglich. Der Hausschwamm bildet in seinem Geflecht keine Jahrringe aus, die eine eindeutige Zuordnung zulassen. Auch die Ausbreitungsgeschwindigkeit ist von sehr vielen Parametern abhängig, so dass allein über die Verbreitung auch nichts über das Alter ausgesagt werden kann.
In der Praxis wird aber beobachtet, dass 1 bis 2 Jahre nach Veränderung von Parametern, die für den Hausschwamm günstige Wachstumsbedingungen herstellen, Fruchtkörper oder Materialzerstörungen festzustellen sind. Das wird häufig auch bei Sanierungen festgestellt, dass bei Fehlschlagen dieser Sanierung der Hausschwamm 1 bis 2 Jahre nach der Sanierung erneut und in vollem Umfang wieder auftritt.
Abschließend ist festzustellen, dass in der Literatur sehr unterschiedliche Aussagen über den Hausschwamm vorhanden sind. Interessant ist, dass in der jüngeren Literatur (Dr. Huckfeldt) der Hausschwamm immer praxisgerechter beschrieben ist, wobei dann auch klar wird, dass die große Gefährlichkeit des Hausschwammes eher fragwürdig ist. Er hat ein sehr begrenztes Wachstumsspektrum und ist mit einiger Praxiserfahrung auch sehr zielsicher und umfassend zu bekämpfen.
Der Echte Hausschwamm ist nur noch in Thüringen und Sachsen meldepflichtig.
Literaturangaben:
Bei der Erstellung wurde folgende Literatur verwendet:
„Der Hausschwamm und andere Bauholzpilze“ von Prof. Dr. Bavendamm, Gustav Fischer – Verlag
„Pflanzliche und tierische Bau- und Werkholzschädlinge“ von Dr. D. Grosser, DRW-Verlag
„Holzschädlinge an Kulturgütern erkennen und bekämpfen“ von Dr. H.P. Sutter, Haupt-Verlag
„Handbuch der Mikroskopie in der Technik“, Band V 1 + 2 von Dr. H. Freund, Umschau-Verlag
„Holz- und Baumpilze“ von Prof. Dr. Olaf Schmidt, Springer-Verlag 1994
„Hausfäule- und Bauholzpilze“, Huckfeldt, Schmidt, Rudolf Müller Verlag 2005
„Hausschwamm-Merkblatt“, WTA 2006
„Sanierung von Pilzbefall in Holz und Mauerwerk“, Joachim Wießner, 2007, Download auf www.jochenwiessner.de
„Hausschwammsanierung mit der Mikrowelle“, Joachim Wießner, 2006, Download auf www.jochenwiessner.de