Insektenbekämpfung im Holz, Vorsicht Falle

Was ist passiert?

Über die Holzschadinsekten liegen neue Erkenntnisse vor. Bei den zugelassenen bekämpfenden Holzschutzmitteln sind bezüglich der Wirksamkeit Fragen offen, die momentan nur hinter der vorgehaltenen Hand beantwortet werden. Der Verarbeiter, der letztendlich die Verantwortung bei der Bekämpfung von Holzschadinsekten trägt, wird nicht informiert. Somit ergeben sich Probleme, die sowohl die Wirksamkeit von Holzschädlingsbekämpfungen betreffen als auch die Haftung des Verarbeiters.

Neue Erkenntnisse

Auf Befragen des Verfassers im Dezember 2002 in Berlin gab Herr Dr. Hertel von der BAM in Berlin bekannt, dass es über den Hausbock neue Erkenntnisse gibt. Die BAM machte Versuche mit Holz aus dem 13. Jahrhundert. Dort ernährten sich die Hausbocklarven nach seinen Angaben völlig normal. Der Gewichtszuwachs der einzelnen Larven zeigte keine Abweichungen. In der DIN 68 800 Teil 4 wird angegeben, dass bei altem Holz eine Prüfung auf lebenden Befall notwendig ist, um eine Bekämpfungsmaßnahme zu rechtfertigen. Diese Angabe ist somit nicht richtig. Das hat fatale Folgen für die Beurteilung eines Befalles. Dazu ein Beispiel: Im Winter soll ein Dachstuhl ausgebaut werden. Es gibt Ausfluglöcher des Hausbockes. Diese Ausfluglöcher sind überwiegend dunkel gefärbt. Wie kann jetzt sicher geprüft werden, ob ein lebender Befall vorhanden ist? Aus der Sicht des Verfassers ist eine Prüfung auf lebenden Befall in einem solchen Fall praktisch nicht möglich. Niemand hat zu diesem Zeitpunkt auch Zeit, die nächste Ausflugperiode abzuwarten. Selbst das ist kein sicherer Garant dafür, dass bei einer Entwicklungszeit von bis zu 15 Jahren im alten Holz die Hausböcke jährlich ausfliegen. Rein theoretisch ist es deshalb notwendig, in einem solchen Fall, wo eine Überprüfung zu keiner klaren Aussage führt, eine Bekämpfung durchzuführen. Vielen Verarbeitern ist bekannt, dass der Gewöhnliche Nagekäfer und der Gescheckte Nagekäfer gerne aus alten Ausfluglöchern schlüpfen. Also hat allein die Farbe der Ausfluglöcher keine Aussagekraft über einen aktiven Befall. Versuche durch Herrn Dr. Uwe Noldt (Vortrag in Aachen im Januar 2004) haben gezeigt, dass eine unterschiedliche Anzahl Nagekäfer aus alten Ausfluglöchern schlüpft, bzw. schlüpfen kann. Das bedeutet, dass auch bei diesen Insekten der Nachweis eines aktiven Befall sehr schwierig ist. Helle Ausfluglöcher zeigen einen lebenden Befall an, bei dunklen Ausfluglöchern ist aber auch aktiver Befall möglich. Weiterhin ist bekannt, dass der Gescheckte Nagekäfer Pilz befallenes Holz befällt. Dabei ist es für ihn unerheblich, ob der Pilzbefall noch aktiv ist. Vermehrt wird in der Praxis beobachtet, dass es Populationen vom Gescheckten Nagekäfer gibt, die sich nur im Holz aufhalten und die nicht mehr nach außen ausfliegen. Die Ursache dafür ist, dass durch Kernfäule im Holz Hohlräume entstanden sind, die die Insekten zur Verpuppung nutzen. Dieser Befall ist sehr häufig außen nicht feststellbar, da weder neue Ausfluglöcher entstehen, noch es zu Ausrieselungen des Fraßmehls aus den alten Ausfluglöchern kommt. Vom Verfasser wurde in einer Gaststätte im Schmuckfachwerk aus Fichtenholz lebender Befall durch den Hausbock festgestellt. Dieser Befall hält sich dort seit ca. 15 Jahren. Nach DIN 68 800 Teil 3 handelt es sich hier um die Gefährdungsklasse 0, ein Befall also voraussichtlich nicht möglich. Diese Reihe von Besonderheiten lässt sich weiter fortsetzen. Auch der Hinweis darauf, dass es sich möglicherweise um eine Ausnahme handelt, ist für die Praxis weniger zufriedenstellend. Wer will denn bei einem jeweiligen Objekt beurteilen, ob nicht hier gerade die Ausnahme vorliegt. Sicher ist, dass bei unsachgemäßer Behandlung der Hölzer derjenige haftet, der diese Behandlung vorgenommen hat. Selbst der Hinweis darauf, dass in der Literatur andere Angaben vorzufinden sind, entbindet nicht der Haftung. Auch der Bezug auf die DIN 68 800 Teil 4 entbindet nicht der Haftung.

Neue Erkenntnisse zu Holzschutzmitteln

Vom Verfasser wurde in der Ausgabe DpS 01/03 und 02/03 die Forderung aufgestellt, dass die Industrie mehr zur Produktsicherheit beitragen solle. Dem Deutschen Institut für Bautechnik wurde vorgehalten, dass Holzschutzmittel zugelassen sind, die in ihrer Wirksamkeit in der Praxis deutlich Probleme aufweisen. Bisher fehlt eine öffentliche Stellungnahme dazu. Wie von einem Wirkstoffhersteller zu erfahren war, bestätigt sich aber die Aussage, dass der Wirkstoff Flufenoxuron Probleme in der Wirksamkeit aufweist. Es gibt mittlerweile Wirksamkeitsprüfungen mit gegenteiligem Ergebnis. Zudem ist festzustellen, dass mit der Restfeuchtigkeit im Lösemittel der Wirkstoff Flufenoxuron in der fertigen Holzschutzformulierung abgebaut wird. Es gibt eindeutig Hinweise darauf, dass dieser Wirkstoff nicht lagerstabil ist. Seit mehreren Jahren ist bekannt, dass der Wirkstoff Permethrin in einer Emulsion kaum ausreichend wirksam gegen den Gewöhnlichen Nagekäfer ist. Liest man jedoch die technischen Merkblätter der betreffenden Produkte, so ist darüber keine Aussage enthalten. Ähnlich verhält es sich mit den Flüssigboraten. Auch hier ist gegenüber dem Gewöhnlichen Nagekäfer nur eine geringe Wirksamkeit vorhanden. Auch darüber fehlt in den technischen Merkblättern ein Hinweis. Vielmehr werden diese Produkte für praktisch alle Insekten zur Bekämpfung nach DIN 68 800 Teil 4 ausgelobt. Im Zweifelsfall weist der Hersteller dann darauf hin, dass er eine Zulassung von Berlin hat und die Holzschutzmittel wirksam sind. Aus eigener Erfahrung kann berichtet werden, dass die Sachbearbeiter in den jeweiligen Holzschutzmittel herstellenden Firmen gar nicht wissen, wo die Wirksamkeitseinschränkungen sind.

Was ist zu tun?

Vorab kann festgestellt werden, dass Holzschutzmittel mit dem Wirkstoff Flufenoxuron (Flurox) möglichst nicht mehr zum Einsatz kommen sollten. Hier sind zu viele Fragen offen. Weiterhin sollten Flüssigborsalze und wasserverdünnbare Holzschutzmittel auf Basis Permethrin oder Deltamethrin nicht mehr für die Bekämpfung von Anobien eingesetzt werden. Jeder Verarbeiter sollte sich mit seinen Lieferanten auseinandersetzen und die notwendigen Produktinformationen anfordern. Aus der Sicht des Sachverständigen ist es wichtig, dass der Hersteller von Holzschutzmitteln die Wirksamkeit seiner Produkte für die jeweiligen Insekten bestätigt. Im Zweifelsfall sollte bei größeren Objekten auch vor Ort eine Beratung durch die Anwendungstechniker der jeweiligen Hersteller stattfinden. Wird die DIN 68 800 Teil 4 Vertragsbestandteil (wenn die VOB vereinbart ist), dann müssen die Angaben in der DIN relativiert werden. In einem Untersuchungsbericht muss dann abgewogen werden, ob der Befall lebend ist, und ob deshalb auch andere als das chem. Verfahren eingesetzt werden müssen. Für den Gewöhnlichen Nagekäfer ist zu berücksichtigen, dass zur Bekämpfung unbedingt eine Bohrlochtränkung anzuwenden ist. Allein mit der Oberflächenbehandlung ist selbst ein vorbeugender Schutz nicht ausreichend zu erzielen. Solange die Insekten über die alten Ausfluglöcher wieder zur Eiablage gelangen, werden alle oberflächennahen imprägnierten Zonen übersprungen und letztendlich die Eiablage in unbehandeltem Holz vorgenommen. Da die Haftung des Verarbeiters nach VOB mittlerweile 4 Jahre beträgt und die Haftung nach BGB 5 Jahre, ist zu überlegen, ob es nicht sinnvoll ist, einen Vertrag nach BGB abzuschließen, weil dann die DIN 68 800 nicht automatisch Vertragsbestandteil ist. In diesem Fall gilt dann Stand der Technik.

Fazit

Aufgrund bisheriger Reklamationen und sorgfältiger Beobachtung in der Praxis wird deutlich, dass das Verhalten der Holzschadinsekten neu beschrieben werden muss. Damit verändern sich auch die Vorgehensweisen gegen diese Insekten. Es interessieren hier weniger Laborerkenntnisse, sondern es müssen praktische Erfahrungen beschrieben werden. Der herstellenden Industrie muss klar werden, das zugesicherte Eigenschaften (z. B. in einem Merkblatt) zu rechtlichen Konsequenzen führen. Hier sind die Verarbeiter bisher viel zu geduldig gewesen. In diesem Stadium ist die DIN 68 800 Teil 4 mit ihren zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechenden Angaben wenig hilfreich. Sie muss dringend überarbeitet werden. Wichtig ist auch, dass neue Forschungserkenntnisse zeitnah veröffentlicht werden. Gerade in der jetzigen Zeit, wo sich die Bauherren sehr kostenbewusst verhalten, sind Reklamationen in der Bekämpfung wenig hilfreich für die ganze Branche. Klar wird aber auch, des es immer höhere Anforderungen an die Ausführenden gibt. Hier muss endlich eine einheitliche Ausbildung greifen. Nur so kann es zu einem vergleichbaren Wissensstand kommen.
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